Donnerstag, 25. April 2013

And So I Watch You From Afar – All Hail Bright Futures

(Sargent House, 2013)


Ich fahre auf meinem Fahrrad in Richtung Sonnenaufgang. Die Luft ist angenehm frisch und nur leicht in Bewegung, sodass ich gut voran komme. Die Natur um mich herum ist noch ruhig und ich sehe der Sonne langsam dabei zu, wie sie über den Horizont klettert und zu ihrem Flug über den Himmel ansetzt. Einige der Strahlen treffen meine Augen und blenden mich.
Doch anstatt mich davon ablenken zu lassen, trete ich nur um so energischer in die Pedale. Ich spüre, dass mich heute nichts aufhalten kann. Voller Energie und Zuversicht sause ich der Sonne entgegen und singe sogar ein wenig.
Langsam erwacht um mich herum das Leben und Tiere huschen durch den Wald, andere Radfahrer teilen ein Stück des Weges mit mir und Autos rasen an mir vorbei. Ich radele gerade eine Anhöhe hinauf, als ich ihn auf einmal vor mir sehe: Den Stern aus Mario-Kart. Er leuchtet mich fröhlich an und scheint dort auf mich gewartet zu haben. In einem atemlosen Moment strecke ich meine Hand nach ihm aus. Die Zeit scheint einen Augenblick lang stillzustehen.


Dann explodiert die Welt um mich herum plötzlich in Farben und ich schieße auf meinem Fahrrad, das sich in eine Rakete verwandelt hat über das Land. Vor lauter Freude lache ich laut auf und strecke die Hände in den Himmel.
Nachdem ich in wenigen Sekunden hunderte von Kilometern zurückgelegt habe, sehe ich unter mir ein Rock-Konzert und beschließe hier eine Zeit lang zu verweilen. Ich kreise mit meinem Raketenrad über der tobenden Menge und die Musik verzerrt sich zu einem irren Strudel, der mich völlig in seinen Bann zieht.
Als das Konzert vorbei ist, rase ich noch ein paar Kilometer weiter, bis ich ans Meer komme. Hier parke ich mein Traumgefährt und lege mich einen Moment in die Sonne, um zu entspannen. Eine Gruppe von Samba-Trommlern tanzt an mir vorbei und ihre Musik füllt mich mit neuer Energie. Ich rappele mich wieder auf und laufe hektisch umher auf der Suche nach einer unterhaltsamen Beschäftigung.
Ich schließe mich ein paar Studenten beim Flunkyballspiel an, bin dabei aber so hastig, dass ich das Spiel bereits zwei mal für mich entschieden habe, bevor die Anderen sich auf Teams einigen konnten. Leicht angetrunken renne ich also weiter und werde dann eines merkwürdigen Spektakels gewahr: Eine hippieske Selbstfindungsgruppe steht am Strand und ruft sich scheinbar wahllos Silben zu. Völlig euphorisch beginne ich im Kreis um die Leute herum zu laufen und rufe dabei aus vollem Halse in einem fort: „Ka! Ba! Ta! Bo! Ta! Ka!“. Es scheint (vor allem mit der Melodie des Mario-Sterns, die in meinem Kopf immer noch anhält) eine Art Musik zu ergeben und ich bange zustimmend mit dem Kopf.
Nachdem die Hippies mich dann aber nicht länger bei sich haben wollten, beschließe ich, dass diese Minuten am Strand doch lange genug für den Tag gewesen sein müssen und schwinge mich wieder auf mein Raketengefährt um nach Hause zu sausen.
Als ich Sekunden später wieder dort lande, wo ich den Stern gefunden habe, sehe ich, dass gerade einmal einige wenige Minuten vergangen sind. Etwas erschöpft und zerzaust setze ich meine Fahrt fort. Es kommt mir vor, als wäre es nur ein Rausch gewesen. (Sören Reimer)