Mittwoch, 5. Februar 2014

Grim104 – Grim 104 EP

(Buback, 2013)


Ein befreundeter Blogger schrieb kürzlich, dass das Interessante an den Texten von Grim104 die Bezüge auf das Leben jugendlicher Landkinder sei. Immerhin drehen sich die Songs nicht um Berlin oder Hamburg, sondern um „Dörfer, die mit "-ow" oder "-itz" enden“ (Crystal Meth in Brandenburg). Und tatsächlich greift die selbsternannte „geisteskrankere Hälfte von Zugezogen Maskulin“ (last.fm) in seinen Songs „Frosch“, „Crystal Meth in Brandenburg“ oder „2. Mai“ die Thematik auf eine ganz persönliche Art und Weise auf (ohne dabei zu romantisieren wie Casper es beispielsweise in „Die letzte Gang der Stadt“ oder „Michael X“ tut). Doch gleichzeitig tut dieses Statement der Tiefe der acht Tracks kurzen EP unrecht (Nichts gegen dich, Markus, aber auf dieser Plattform haben wir nun mal die Möglichkeit, auch beim Thema Deutschrap etwas mehr in die Tiefe zu gehen).



Denn tatsächlich verstecken sich hier noch viel tiefere Abgründe als „nur“ die einer verkorksten Jugend. In „Dreck Scheiße Pisse“ rechnen ZM (bitte? Oh, Entschuldigung: Grim104 feat. Testo) mit der Deutschrap-Szene ab:

„I can't relax in Deutschrap. ADHS in Reinkultur,
Schmeiß Boxen in die Menge, wie Haft die Fans bei Rheinkultur.
[…]
Ian Curtis hat sich nicht in seiner Küche aufgehängt,
Damit ihr bei Casper weinen dürft und mich damit bedrängt.
Heult rum, dass euer Leben finster und beklemmend ist,
Und dann geht einer wirklich eher: Rest in peace, NMZS!“

- Dreck Scheiße Pisse

In die gleiche Kerbe schlägt das ruhig fließende „Cro Hafti Herzl“. Wobei hier bereits die Message eher eine politische Schlagrichtung bekommt. Genau so sind auch „Der kommende Aufstand“ und „2. Mai“ ausgerichtet. Mit dem großartigen „Ich töte Anders Breivik“ und dem düsteren „Sternstunde der Bedeutungslosigkeit“ zeigt Grim104 schließlich noch seine philosophische Seite und bestätigt den Eindruck, dass sein Solo-Effort vielleicht textlich verrückter als ZM ausfällt (das liegt wohl im Auge des Betrachters), auf der musikalischen Seite aber doch eher ruhiger gestaltet ist. Dies fördert allerdings die düstere Stimmung der Songs und verleiht der gesamten EP eine angenehm eigene Note, so dass man wirklich das Gefühl hat, es hier mit einem eigenständigen Kunstwerk zu tun zu haben.
Besonders bemerkenswert sind wohl die unfassbar schnellen Referenzen, mit denen Grim104 einen des öfteren auf dem falschen Fuß erwischt. Dies führt dann wahlweise zu einem überraschten Lächeln oder zu einem erschreckten Kloß im Hals.

Ich habe einen Alptraum, den ich jede Nacht kriege:
Den Soundtrack zum Untergang spielen Foster the People.
[…]
Cro ist das Symptom einer Jugend in der Krise:
Kurz vor dem Kollaps lässt sich keiner die Laune vermiesen.
[…]
Es ist plötzlich so hell als der Komet die Erde zerstört.
Nie wieder Frieden. Nie wieder Curse.“

- Ich töte Anders Breivik


Auf dem eingangs genannten Blog hieß es ebenfalls, dass Grim104 in durch seine EP relativ „viral“ geworden ist – was ja eine erfreuliche Sache ist. Da er jetzt mit ZM sogar den Opening-Act für Thees Uhlmann machen darf (ein ganz großer Spaß für die Beteiligten auf der Bühne nehme ich an), muss er sich aber um das Thema Popularität in näherer Zukunft wohl ohnehin keine Sorgen mehr machen. Man darf aber gespannt bleiben, ob sich seine kommenden Releases wohl noch damit abgeben, von der verkorksten Landjugend zu erzählen. (Sören Reimer)

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