(Different Trains, 2014)
"Oh man, Daniel hat
gerade angerufen und er steckt noch in Dülmen fest. Wegen des
Bahnstreiks kommt er wohl erst so um neun." David Krützkamp
blickt ein wenig entschuldigend von seinem Handy hoch.
Wir sitzen in meiner
Wohnung, wo David im späteren Verlauf des Abends ein kleines
Wohnzimmerkonzert spielen soll. Geplanter Beginn des Konzertes war um
acht. Aber zum Glück bietet dieser gemütliche Rahmen nicht nur die
Möglichkeit, dass Publikum und Musiker diesen Abend auf
Augenhöhe, ja sogar im gemeinsamen Sitzkreis genießen können,
sondern auch die, den Beginn einfach durch ein wenig Palaver und
Biertrinken hinauszuzögern. Und welches gute Konzert fängt schon
pünktlich an?
Am 17.10.2014 erscheint
Davids neue EP "Fremde Fenster" als Digital-Only-Release
(es gibt aber formschöne Faltkarten, die wie ein
CD-Gatefold gestaltet sind, nur dass sich an Stelle der CD ein
Download-Code befindet) und er reist zu dessen Bewerbung durch die
Wohnzimmer Nordrhein-Westfalens. Seit seinem Debüt-Album
"Zwischenräume" im Jahr 2012 sei eine Menge passiert,
erzählt der blonde Münsteraner, aber trotzdem hat er weiter Songs
geschrieben und einzig ein wenig auf seine Live-Auftritte verzichten
müssen.
Dabei habe er genug Songs
für ein Album geschrieben und sogar noch so viele mehr, dass er
vorab die EP Fremde Fenster veröffentlichen wollte: "Die Stücke
auf der EP, das sind die Songs, die nicht so wirklich aufs Album
passten. Sie sind von der Tendenz ein bisschen poppiger als das, was
auf dem Album zu hören sein wird. Und damit meine ich nicht, dass
sie schlechter sind oder Überschuss oder so. Mir ist es nur immer
wichtig ein kohärentes Album zu schaffen, wo man keinen Track
skippen möchte."
Als gegen halb zehn alle
eingetrudelt, gesättigt und mit frischen Getränken versorgt sind
legen David Krützkamp und Daniel Hartwig (Exploding Whales) mit ihrem Set los. Die
Atmosphäre ist gut, das Publikum hängt an den Lippen des
Liedermachers und an den Fingern seines Begleit-Musikers. Die Stille,
die während der Songs herscht, verwandelt sich danach immer wieder
in begeisterten Applaus und so manch eine/r hat an diesem und durch
diesen Abend die Songwriter-Musik im Allgemeinen für sich entdeckt.
Unter Verweis auf das
mangelnde Equipment bei dieser "Backpacker-Tour" animieren
die beiden Musiker die Zuhörer dazu beispielsweise den Melodie-Loop
von "Segel#45" zu singen – ein Gänsehautmoment.
Gegen halb zwölf endet das
Konzert und die Gruppe zerstreut sich teilweise; ein kleiner Kreis
hält die gute Stimmung aber noch einige Stunden lang aufrecht.
Die Songs auf der "Fremde
Fenster" EP wirken – gerade im Vergleich zu der
"Zwischenräume" – etwas wagemutiger, etwas freier. Wo der
Titeltrack noch an das Album anknüpft, wagen "Perfekt" und
"Bankräuber" schnellere Töne und gerade das Erstere
erinnert – im positiven Sinne – an das Kid Kopphausen-Album. In "Grauer Schnee" hingegen spinnen David und Daniel die aufgetürmten Soundschichten, die auf "Zwischenräume" sporadisch anklangen, sinngerecht fort und ergehen sich geradezu in der finalen Klangkaskade.
Die Aufnahmen, die David
zusammen mit Daniel an nur einem Wochenende eingespielt hat und
komplett selbst produziert hat, beschreibt er selber so: "Wir
haben ein Wochenende sehr konzentriert daran gearbeitet und uns immer
gefragt: Was braucht der Song jetzt noch? Wir haben gar nicht
versucht, bewusst ein Experiment daraus zu machen, weil sowas kann
auch ganz schnell in die Hose gehen. Das fühlte sich alles ganz
natürlich an."
SR: Wie würdest du die
Zusammenarbeit mit Daniel beschreiben?
DK: "Ich komme meist schon mit fertigen Songs zu ihm und entweder weiß ich dann schon, was ich da gern noch haben möchte, oder er findet dann noch was Gutes dazu. Manchmal experimentieren wir auf einfach beide mit unserem Instrumentarium herum und schauen, was sich dann aus dieser Idee heraus kristallisiert. Da hilft es natürlich, dass er ein so viel besserer Gitarrist ist als ich und immer noch ein besseres Voicing oder so kennt. Ich komme da ja eher so vom Folk und Daniel halt vom Jazz – da ergänzen wir uns ganz gut."
DK: "Ich komme meist schon mit fertigen Songs zu ihm und entweder weiß ich dann schon, was ich da gern noch haben möchte, oder er findet dann noch was Gutes dazu. Manchmal experimentieren wir auf einfach beide mit unserem Instrumentarium herum und schauen, was sich dann aus dieser Idee heraus kristallisiert. Da hilft es natürlich, dass er ein so viel besserer Gitarrist ist als ich und immer noch ein besseres Voicing oder so kennt. Ich komme da ja eher so vom Folk und Daniel halt vom Jazz – da ergänzen wir uns ganz gut."
SR: Kannst du dir vorstellen,
bald auch mal mit einer richtigen Band auf Tour zu gehen?
DK: "Würde ich gerne mal
machen, ich scheue aber auch ein wenig die logistischen
Herausforderungen, die das dann mit sich bringt. Das wäre dann aber
auch keine klassische Rock-Band sondern vielleicht eher eine Art
Klangraum-Kollektiv."
Am nächsten Morgen sitzen
wir alle etwas müde aber glücklich um den Frühstückstisch. Daniel
und David müssen weiter, ein Wohnzimmer in Düsseldorf wartet schon
darauf, von ihnen bespielt zu werden. Hin geht es wieder mit der Bahn
– dieses mal hoffentlich unkomplizierter. (Sören Reimer)
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