Opeth – Pale Communion
(Roadrunner Records, 2014)
Wenn eine Band sich zu einer künstlerischen Umorientierung durchringt, kann das entweder gut oder schlecht ausgehen. Im besten Fall aber kann eine Band quasi ihr zweites Debüt abliefern und sich komplett neu definieren. Das ist Opeth mit ihrem radikalen Stilbruch auf „Heritage“ leider nicht gelungen, doch „Pale Communion“ setzt genau da an, wo der Vorgänger nicht weit genug ging und vollzieht die Transformation von Opeths ehemaligem Death Metal zum Retro-Prog-Rock mit künstlerischer und klanglicher Brillianz. Zwar hat es mit dem zweiten Debüt also nicht geklappt, aber Opeth haben sich anscheinend und zum Glück wieder gefunden.
Die Höchste Eisenbahn – Schau in
den Lauf, Hase
(Tapete Records, 2013)

Über Umwege stößt man ja häufig auf
die besten Dinge. Dass das „Die Höchste Eisenbahn“-Debüt bei
vielen meiner Freunde gut ankam, freute mich zunächst, doch
irgendwie konnte mich das Album nicht so recht überzeugen. Erst viel
später und nur durch einen Zufall wurde ich dann noch mal auf die
Musik des Duos gestupst und fand meine helle Freude daran. Was für
ein liebevoll arrangiertes und getextetes Songwriter-Album! Mit viel
Witz und Mut zur Einfachheit schaffen Francesco Wilking und Moritz
Krämer ein bleibendes Hörvergnügen.
Enno Bunger – Ein bisschen mehr
Herz
(PIAS, 2009)
Zugegeben bin ich auf Enno Bunger nur
gestoßen, weil er Spaceman Spiff bei TV Noir so effektvoll
unterstützt hat (und weil die Geschichte, dass ein Komilitone aus
Pop-Zeiten mit ihm die gleiche Schule besucht hat, mich etwa zur
gleichen Zeit erreichte, wie eben dieser TV-Auftritt). Und die Musik
bleibt irgendwie ein Fall für sich. Die Texte bleiben stets nicht
greifbar und zum Ende des Album hat man außer einem (sehr schönen)
Höreindruck wenig für sich mitgenommen. Eigentlich sollte Musik
natürlich nur sich selbst genügen, aber gerade im Songwriter-Genre
erwartet man doch ein wenig geschliffeneres Wortspiel.
Niels Frevert – Paradies der
gefälschten Dinge
(Grönland, 2014)
Nach dem Auftritt beim Haldern Pop
Festival war mir Niels Frevert in positiver Erinnerung geblieben,
aber leider habe ich das damalige Album irgendwie verpasst. Jetzt
aber habe ich schon Monate vorher auf das Paradies der gefälschten
Dinge hingefiebert. Und das Warten hat sich ja so sehr gelohnt. Was
für eine toll arrangierte Musik, die zwischen folkigen
Akustik-Klängen und leichten Jazz- und Rock-Einschlägen changiert.
Und diese Texte erst: brilliant beschriebene Alltags-Miniaturen oder
Kleinst-Märchen, die ans Herz gehen, ohne auch nur ein bisschen
kitschig zu werden. Ganz groß!
William Fitzsimons – Lions
(Grönland, 2013)
Das verfluchte dritte Album. Der Mann
mit dem Rauschebart wagt zwar keine großen Experimente, dafür aber
auch ansonsten nicht viel. Vielleicht ist man auch an einem gewissem
Zeitpunkt mit einer Musik fertig beziehungsweise die Musik holt einen
nicht genau am richtigen Standpunkt ab. Wie dem auch sei: Meines
Erachtens nach ist das dritte Fitzsimmons-Album eine kleine
Enttäuschung. So schön seine Stimme auch klingt und so toll er
seine schlichten Songs mit kleinen Details auffüllt – irgendwie
will der Funke nicht so recht überspringen. Es fehlt ein bisschen an
dem entscheidenden Etwas, auf das man so schlecht den Finger legen
kann.
Gerard – Blausicht
(Heart Working Class, 2013)
Nachdem ein guter Freund (gefühlt)
schon Jahre vorher von Gerard geschwärmt hatte und die Musik aber
seltsam unspektakulär daher kam, war das Album dann doch eine
positive Überraschung. Wenn auch sicherlich nicht mein liebstes
Rap-Album des Jahres, ist es doch ein sehr eigenes und schön zu
Hörendes. Die Indie-basierten Beats und die melancholischen Texte,
die Gerard wie einen zähflüssigen Stream of Consciousness vorträgt,
ziehen den Hörer in den atmosphärischen Bann des Albums. Großartige
Textzeilen inklusive: „Ich lass mich im blauen Nebel fallen. Draußen ist es kalt./ Will trotzdem raus, doch ich hab auch noch nicht bezahlt./ Stroboskope blitzen grau, der Rauch wirkt schon normal./ Will dich noch sehen, hab meinen Auftritt schon geplant./ Nummer längst gelöscht. Doch wen verarsch ich da?/ Sicher in alten SMSn noch wo zu finden und ich hab noch'n paar./ Handy raus. Was für ne Scheiß-Idee. Lieber schnell Handy aus.“
Love A/Koeter – Split
(Rookie Records, 2014)
Als ich auf dem letzten
Bierschinken-Festival mit dem Antilopen-Gang-T-Shirt zum
Koeter-Merch-Stand kam um die Split-LP zu kaufen, wusste der
grinsende Bassist sofort, was ich im Schilde führte. Natürlich
wollte ich das Vinyl vor allem wegen dem überragenden Remix von Love
A's „Die Die Die“ haben, den ich immer noch für die perfekte
Symbiose aus Punkrock, Rap und einem tanzbaren Beat halte. Selten so
lachend beim Weinen getanzt.
Aber natürlich können auch die zwei
Songs der beiden Bands überzeugen. Wo Koeter etwas rauer und wilder
daherkommen, sind Love A gewohnt berechnend und bissig. Auch der
Koeter-Remix (von Killerlady) ist übrigens sehr hörenswert. Wenn
auch weniger tanzbar, dafür aber um so verstörender. (Sören Reimer)
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