(By Beathoven, 2014)
Ankommen, innehalten, mit den Tränen
kämpfen. Bereits der Opener des Debüts des Songwriter-Duos Fyn der
Wal setzt den Kurs, dem der Wal im Verlauf der kommenden halben
Stunde folgen wird.
Gerade erst Anfang dieses Jahres
gegründet, jetzt schon einen Plattenvertrag und eine
Hochglanz-Aufnahme – so einfach kann es also sein, wenn man alles
richtig macht. Doch was genau haben Fyn der Wal eigentlich richtig
gemacht, damit sie jetzt „Mama hat gelogen“ via By Beathoven
veröffentlichen können? Spätestens seit Lemmy wissen wir
natürlich, dass man die richtigen Leute zur richtigen Zeit treffen
muss, um es zu was zu bringen. Aber selbst diese Leute werden einen
gewissen Anspruch an die Musik stellen – und den erfüllen Fyn der
Wal zweifelsohne.
Schonungslos tauchen Tobias Hilprecht
(Piano) und Stefan Herholz (Gesang) mit dem festgebundenen Zuhörer
in die lichtlosen Tiefen ihrer Musik ab. Man ist versucht, sie die
Untiefen ihres Seelenlebens zu nennen, doch das, was hier verarbeitet
wird, wünscht man Niemandem.
Wie ernst kann man Musik nehmen, die
textlich und musikalisch derartig in die Tiefe drängt? Der Wal geht
nämlich nicht nur auf Kurs in Richtung Meeresboden, sondern auch in
Richtung Kitsch und Pathos. Dass das (hervorragend arrangierte)
Balladen-Piano nicht unterwegs Schützenhilfe von 1000 singenden
Geigen erhält, ist Fyn schon zugute zu halten. Auch den
Gesangskünsten von Sänger Stefan kann man ihre poppige,
schmeichelnde Art abgewinnen. Dass die Texte aber derartig aus dem
Vollen schöpfen ist manchmal schwer zu ertragen:
„Ich schenk dir jeden Stern, zieh in
jede Schlacht, wenn du das willst.
[…]
Wer sich mir in den Weg stellt, den du
gehen willst,
Der hat noch nie eine Armee von dieser
Art gesehn.
Ich bau dir Brücken über Pfützen,
Bau dir ein Denkmal in meiner Seele.“
Natürlich könnte man an dieser Stelle die alte Ästhetik-Diskussion vom Zaun brechen; denn sicherlich: Das Album ist in sich geschlossen, hat eine klare und eigene Sprache und ist technisch gut gemacht. Wie so häufig kommt es aber auf den Geschmack an und von dem kann und will ich mich in diesem Fall gar nicht frei machen.
Zweifelsohne hat ein Label wie By
Beathoven eine bestimmte Zielgruppe im Auge, wenn sie ein derartiges
Album veröffentlichen. Und wenn man die Lieder von „Mama hat
gelogen“ so auf sich wirken lässt, scheint es nur plausibel, dass
eine breite Zuhörerschaft diese Musik ohne Ecken und Kanten mit
offenen Armen aufnehmen wird. Irgendwo zwischen den Fans von Herbert
Grönemeyer, Marius Müller Westernhagen und Yann Tiersen, die einfach nicht genug von
Klavierballaden bekommen können und denen die textlichen und
musikalischen Bögen gar nicht groß genug werden können,
positionieren sich Fyn der Wal. Wer's mag, wird’s mögen. Die
anderen sollten schlucken, durchatmen, weitergehen. (Sören
Reimer)
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