Samstag, 30. März 2013

Daughter – If You Leave

(4AD, 2013)


Wenn ich nun sagte, dass Daughter eine ganz typische Indie-Band wären, hätte ich damit wohl etwa zu gleichen Teilen Recht und Unrecht. Denn zwar bedient das Trio aus London alle Klischees des Genres, aber auf der anderen Seite haben sie doch eine Art, den Zuhörer zu berühren, die ihnen völlig zu eigen ist.
Das fängt schon bei den textlichen Bezügen an – der Name Daughter gibt es bereits ein Stück weit vorweg. Elena Tonra macht in ihren Texten ein zerbrechliches, ungeschütztes Gefühl erfahrbar, wie es wohl Kinder fühlen würden, würde ihnen der ihnen eigene Idealismus und ihre Naivität fehlen. Und dies ist tatsächlich nicht nur ein mittelmäßig gewähltes Bild, sondern eine textliche Darstellung, die sich beim Hören geradezu aufdrängt:

You will always find another place to go,
You will always find another womb to grow.“
- Lifeforms

Bei diesem Zitat handelt es sich sogar um den einzigen Text-Fetzen, den Daughter quasi programmatisch in ihrem bunt bebilderten Booklet angeben. Aber es gibt noch weitere Passagen in den Texten, die das Kindliche des (der) Lyrischen Ichs unterstreichen oder zumindest andeuten:

In the darkness I will meet my creators,
And they will all agree that I'm a suffocator.
Oh, look: I'm sorry if smothered you.
I'm sorry if smothered you.
I sometimes wish I stayed inside my mother,
Never to come out.“
- Smother

Ansonsten kreisen die Texte in wunderschönen Bildern um das Lieben und Leben junger Erwachsener und dabei ist die bittersüße Hit-Single „Youth“ nur die Spitze des melancholischen Eisbergs (hier besonders schön die Feststellung: „And if you are in love then you are the lucky ones,/ For most of us are bitter over someone./ Setting fire to our insides for fun,/ Collecting names of the lovers that went wrong.“).

Musikalisch nutzen Daughter, wie oben schon erwähnt, die musikalischen Klischees des Genres vollkommen aus. Unverzerrte elektrische Gitarren, verhallter Gesang, tiefe Toms am Schlagzeug, dezente Elektro-Sounds und all das in einer an Post-Rock erinnernden Melange, die den ruhigen, introvertierten Gesang (der irgendwo zwischen Feist und The XX anzusiedeln ist) untermalt. Zudem erfährt jeder Song gegen Ende hin eine ganz besondere Steigerung, die sich voll düsterer Energie über dem Zuhörer entlädt. Einzig der Song „Human“ (der die zweite Single-Auskopplung aus dem Album ist), fällt – als durchgehend treibend-laute Up-Tempo-Nummer – aus diesem Schema raus. Insgesamt fügt sich das Album aber doch harmonisch und an keiner Sekunde langweilig zusammen. Aber es kann durchaus ein paar Hördurchgänge dauern, bis alle Songs eben die Stärke gewinnen, die dem Hörer bei Youth sofort ins Ohr geht.
Die Produktion des ganzen Albums klingt wunderbar wie aus einem Guss und der Sound schmeichelt dem Zuhörer angenehm, sodass man sich leicht auf die Texte oder musikalische Feinheiten konzentrieren kann, wenn man das möchte.
Insgesamt legen Daughter mit ihrem Debüt also ein durchaus überzeugendes Exemplar ihrer Zunft vor, dass doch noch so viel Eigenständigkeit besitzt, dass man sich sicherlich noch länger daran erinnern wird. (Sören Reimer)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen