Mittwoch, 7. November 2012

Blueneck - Epilogue

(Denovali, 2012)



Für ihre ersten Veröffentlichungen ließen sich die vier Briten von Blueneck sich noch Jahre Zeit; nun scheinen sie die Marschrichtung gefunden zu haben. Nachdem Anfang letzten Jahres ihr drittes Album "Repetitions" nicht nur hier im Popperblog gute Rezensionen einfuhr (wenn auch es in Fan-Kreisen nicht mit dem gefeierten zweiten Album mithalten konnte), veröffentlichten die Jungs um Duncan Attwood nun zuerst ein rein instrumentales Album und das nächste Album (wieder mit Gesang) ist bereits für Anfang kommenden Jahre angekündigt.
Der Name "Epilogue" lässte ja zunächst Schlimmes vermuten, bezieht sich jedoch nicht auf das Ende der Band; höchstens so, wie wir sie bisher kannten: In einem Interview kündigte Attwood an, dass Blueneck auf ihrem nächsten ("richtigen" (dem Instrumental-Album wurde dieser Status nicht zugebilligt; es gilt eher als Album 3.5)) Album völlig anders klingen werden, als man es von ihnen kennt.
Stattdessen spielt der Titel vielmehr auf den filmischen Charakter der Musik an. Denn noch mehr als sonst ist diese Musik – zunächst als Solo-Projekt von Sänger und Songwriter Attwood gedacht und dann mit der gesamten Band umgesetzt – als "Soundtrack zu einem fiktiven Film" gedacht.
Wer allerdings diese Musik hört, bekommt nicht übel Lust sich einmal selbst hinter die Kamera zu schwingen. So viele Bilder malt diese Musik dem Zuhörer in die Fantasie (änhlich wie bei Mono, nur anstatt in grellen Anime-Farben malen Blueneck in dunkelblauen und grauen Tönen), dass man das Gefühl hat man hätte den gleichen nichtexistenten Flim wie Herr Attwood gesehen (oder Letzterer hätte dem Zuhörer direkt in den Kopf geschaut und seine düstersten Erinnerungen vertont).
Die Instrumentierung und auch das Spiel der Musiker erinnert zunächst an die bisherigen Blueneck-Veröffentlichungen: langsames Klavier, dass sich für jeden Akkordwechsel unheimlich viel Zeit nimmt, verhallte Drums und Gitarren und ein Bass, der in den dunkelsten Tiefen des Hör-Horizontes wabert. Doch schon im ersten Track fällt nach einiger Zeit auf, dass hier etwas Neues ans Licht drängt: Synthies. Und nicht nur einer oder zwei (wie bei dem großartigen "Sawbones" auf "Repetitions") sondern gleich eine kleine Flotte von plöckelnden und surrenden Werkzeugen, die die Band nutzt um ihren Sound in sphärische Ebenen zu heben.
"Noch sphärischer?", fragt das verdutzte Bewusstsein, woraufhin das Herz antwortet: "Anders sphärischer.".
Die Kehrseite der Medaille eine "Filmmusik" zu schreiben drückt sich wohl darin aus, dass in den Stücken anscheinend Ambient-Sounds verwendet werden mussten, die den Eindruck vermitteln, als würde man Züge oder Telefongespräche mit der Musik untermalen. Es drängt sich aber der Gedanke auf, dass das vielleicht nicht nötig gewesen wäre. Der Vorstellung hätte es mehr Freiraum gelassen, wenn die Musik ganz für sich gesprochen hätte.
Nichtsdestotrotz ist nach viel zu kurzen dreißig Minuten der Film schon wieder vorbei und lässt den Zuhörer mit dem Wunsch nach mehr zurück. Aber Abhilfe steht ja schon in Aussicht und mit Freude blickt man auf den Anfang des nächsten Jahres, wenn Blueneck mit ihrem vierten Album bereit stehen, um den Frühling noch ein wenig hinauszuzögern. (Sören Reimer)

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