Mittwoch, 14. November 2012

Deftones – Koi No Yokan

(Reprise, 2012)




Bei manchen Menschen ist es erstaunlich, wie jugendlich sie ihr ganzes Leben über bleiben. Bei Einigen drückt sich das in starken Stimmungsschwankungen aus, bei anderen eher in ungewöhnlichen Hobbies und bei wieder Anderen noch mal ganz anders. Die Bürde an dieser latent-adoleszenten Phase haben aber auch in der Regel nicht die Betroffenen zu tragen, sondern viel mehr das soziale Umfeld.
Hochachtung gebührt in diesem Sinne dem Umfeld der aus Sacramento stammenden Band Deftones, die es seit mittlerweile 24 Jahren gibt und die gerade ihr nunmehr siebtes Studio-Album „Koi No Yokan“ (jap.: „Das Gefühl, dass man sich verlieben wird“) veröffentlicht hat. Die fünf Jungs klingen nämlich fast noch genau so, wie in den 90ern, als ihnen mit den Alben „Around the fur“ und „White Pony“ der Durchbruch gelang.
Sänger Chino Moreno, der mit seiner einprägsamen Stimme den Sound der Band seit jeher prägt, wimmert in den leisen Passagen und schreit in den Lauten so schön wie eh und je. Die Gitarren, bedient wie immer von Stephen Carpenter, klingen mit ihren sieben oder acht Saiten gewohnt tief und betten die Stimme immer wahlweise auf eine Couch oder auf ein Bett aus Nägeln und alkoholgetränkten Scherben, je nach Stimmung. Auch Bass und Schlagzeug sind gewohnt super-groovig. Harmonische, ruhige Passagen verweben sich – teils nahtlos, teils bewusst abrupt – mit krachigen Metal-Explosionen. Die Texte handeln von jugendlich anmutenden Liebesgefühlen („I'm hypnotized by your name/I wish this night would never end“, Romantic Dreams), enttäuschter Liebe („Truth is that/ I love you to death/ Like you love this game“, Poltergeist) und trotzigem Zorn („You're cutting all ties/ Now and forever/ Time to let everything outside you/ This is your test/ Come forth, Confess!/ Extend your tongue/ Speak Out, go on.“, Leathers).
Nun mag manch einer sagen das schiene ja alles so weit schon bekannt und nicht wirklich spannend. Dem kann man aber getrost widersprechen: Das Album macht beim Hören extrem viel Spaß und trumpft schlichtweg mit allen Stärken der Band auf.
Denn nicht alles, was man mit seiner Jugend verbindet oder aus dieser Zeit mitnimmt ist schlecht oder unangebracht, bloß weil man älter geworden ist.
Ein Wort zum Abschluss noch: Der eigentliche Bassist der Deftones Chi Cheng liegt seit 2008 nach wie vor im Koma. Seine Familie und Freunde sowie die Band und auch ihre Fans suchen immer nach moralischer und finanzieller Unterstützung: One Love for Chi. (Sören Reimer)

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