(Reprise, 2012)
Bei manchen Menschen ist es erstaunlich, wie jugendlich sie ihr ganzes Leben über bleiben. Bei Einigen drückt sich das in starken Stimmungsschwankungen aus, bei anderen eher in ungewöhnlichen Hobbies und bei wieder Anderen noch mal ganz anders. Die Bürde an dieser latent-adoleszenten Phase haben aber auch in der Regel nicht die Betroffenen zu tragen, sondern viel mehr das soziale Umfeld.
Hochachtung
gebührt in diesem Sinne dem Umfeld der aus Sacramento stammenden
Band Deftones, die es seit mittlerweile 24 Jahren gibt und die gerade
ihr nunmehr siebtes Studio-Album „Koi No Yokan“ (jap.: „Das
Gefühl, dass man sich verlieben wird“) veröffentlicht hat. Die
fünf Jungs klingen nämlich fast noch genau so, wie in den 90ern,
als ihnen mit den Alben „Around the fur“ und „White Pony“ der
Durchbruch gelang.
Sänger
Chino Moreno, der mit seiner einprägsamen Stimme den Sound der Band
seit jeher prägt, wimmert in den leisen Passagen und schreit in den
Lauten so schön wie eh und je. Die Gitarren, bedient wie immer von
Stephen Carpenter, klingen mit ihren sieben oder acht Saiten gewohnt
tief und betten die Stimme immer wahlweise auf eine Couch oder auf
ein Bett aus Nägeln und alkoholgetränkten Scherben, je nach
Stimmung. Auch Bass und Schlagzeug sind gewohnt super-groovig.
Harmonische, ruhige Passagen verweben sich – teils nahtlos, teils
bewusst abrupt – mit krachigen Metal-Explosionen. Die Texte handeln
von jugendlich anmutenden Liebesgefühlen („I'm hypnotized by your
name/I wish this night would never end“, Romantic Dreams),
enttäuschter Liebe („Truth is that/ I love you to death/ Like you
love this game“, Poltergeist) und trotzigem Zorn („You're cutting
all ties/ Now and forever/ Time to let everything outside you/ This
is your test/ Come forth, Confess!/ Extend your tongue/ Speak Out, go
on.“, Leathers).
Nun
mag manch einer sagen das schiene ja alles so weit schon bekannt und
nicht wirklich spannend. Dem kann man aber getrost widersprechen: Das
Album macht beim Hören extrem viel Spaß und trumpft schlichtweg mit
allen Stärken der Band auf.
Denn
nicht alles, was man mit seiner Jugend verbindet oder aus dieser Zeit
mitnimmt ist schlecht oder unangebracht, bloß weil man älter
geworden ist.
Ein
Wort zum Abschluss noch: Der eigentliche Bassist der Deftones Chi
Cheng liegt seit 2008 nach wie vor im Koma. Seine Familie und Freunde
sowie die Band und auch ihre Fans suchen immer nach moralischer und
finanzieller Unterstützung: One Love for Chi. (Sören
Reimer)
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