(2012)
Als Oceansize im Jahr 2003 ihr
Debüt-Album „Effloresce“ veröffentlichten, schlug dieses ein
wie eine Granate in die Welt der progressiven Rock-Musik. Irgendwie
war die Band dann von dem Fluch des Hit-Albums getroffen worden und
löste sich – nach drei weiteren Alben, die nie ganz mit dem Debüt
auf Augenhöhe standen – aus unbekannten Gründen im Februar 2011
auf.
In diese riesigen Fußstapfen traten
dann zwei Mitglieder der Band: Richard A. „Gambler“ Ingram und Mike Vennart gründeten ein
Nachfolge-Projekt, das sich British Theatre nennt.
Über das Portal Bandcamp
veröffentlichten sie ein Jahr nach dem Ende von Oceansize
eine EP mit drei Tracks und dem bezeichnenden Namen „EP“. Diese
Titel trugen in gewisser Art und Weise dem geschrumpften Band-Körper
Rechnung: Die Gitarren waren ausgedünnt worden und dafür hielten
auf der anderen Seite Synthies und Elektronik Einzug in die Musik des
Duos.
Im
August diesen Jahres erschien dann eine zweite EP mit dem Titel „Dyed
In The Wool Ghost “, die immerhin schon fünf Titel enthielt
(außerdem ist diese EP auch als Vinyl erhältlich und trudelt nach diversen Verzögerungen hoffentlich bald im heimischen Briefkasten ein).
(Ein
kurzer Einschub zum Thema Marketing an dieser Stelle: British
Theatre veröffentlichten als
Promotion für die EP zwei kurze Videos über die Plattform Vimeo.
Für sich genommen schon ganz schön, muss man die beiden Videos
mindestens einmal gleichzeitig laufen lassen. Der Effekt lässt einem
gehörig den Unterkiefer auf die Tischplatte krachen: Video 1 &
Video 2. Das Musikstück, was dann erklingt, ist auf der fertigen EP
ein Teil von „As the Leaves are to the Limbs“. Und eine weiterer
toller Gag für die Fans: Richard Ingram veröffentlichte eine
Sammlung von ruhigen Klavierstücken um die Wartezeit zu überbrücken)
Die
zweite EP der Band zeigt im Vergleich zur ersten Veröffentlichung
noch mal einen deutlichen Entwicklungsprozess auf: Die Songs legen
noch mehr Augenmerk auf synthetische Flächen, lange ruhige Klavier-
oder Gitarren-Passagen und elektronische Effekte, die den Sound mit
einer krabbeligen Lebendigkeit versehen.
Wie
schon bei Oceansize zieht die wunderbar artikulierte und klare Stimme
von Mike Vennart (gerne auch in gekonnter Mehrstimmigkeit mit sich
selbst vereint) den Hörer sofort in ihren Bann; dennoch steht sie
nicht, wie bei einer klassischen Rock-Produktion im Vordergrund,
sondern eher auf Augenhöhe mit dem Rest der Band. Das macht aus
diesem Release noch keine Ambient-Platte. Nein, es ist eher so, als
wären Vennart und Ingram endlich losgelassen worden, um ihre progressiven Züge ausleben zu dürfen.
Da
wären zum einen Anleihen bei klassischen Rock-Songs, wie zum
Beispiel im Opener „Defeat Skeletons“, der so auch auf der ersten
EP hätte veröffentlicht werden können. Der darauf folgende „The
Gift's Demands“ hingegen besticht durch seine düstere und
ohrenscheinlich ausschließlich elektronische Instrumentierung.
Insgesamt
fällt allerdings auf, dass British Theatre
sich im Rahmen dieses Projekts erstaunlich kurz halten: Im Schnitt
gerade einmal vier Minuten bringen die Songs auf die Waage. Wo man
sich bei Oceansize
noch gerne in ausartenden Formen gewälzt hat, regiert hier
progressive Akkordarbeit.
Und
auch wenn es nun gerade im Übermaß geschehen ist, sollte man doch
British Theatre nicht
mehr ständig mit der Vorgängerband vergleichen, hat es doch einige
überaus starke und sehr hörenswerte Tendenzen entwickelt, die es
eigenständig und nicht mehr im Schatten des großen Vorgängers
stehen lassen. Es wird also Zeit Mund und Augen zu schließen und nur noch zu hören. (Sören Reimer)
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