(knertz
– 2012)
Zwei
Kinder, die in den Galvanisierungstank ihres Großvaters gefallen
sind und dann zwanzig Jahre lang mit Spacerock-Instrumenten in einen
dunklen Keller gesperrt herum experimentierten, spielen die
Hauptrollen in diesem „Musical“, das uns Les Trucs da servieren.
Genauso schräg wie die Hintergrundgeschichte (die hier grob fahrlässig
gekürzt wurde) klingt dabei auch die Musik des Duos aus Charlotte
Simon und Zink Tonsur. Eine überraschende, flirrende und bisweilen
erschreckende Mischung aus GameBoy-Sounds, Wave-Pop, NDW, Dadaismus,
Volksmusik, Frickel-Elektro-Klitsch und Karlheinz Stockhausen. Man
merkt schon, dass hier vergeblich nach Referenzen gesucht wird und
gleichzeitig aber auch ein riesiges Feld aufgespannt wird, in dem
sich Les Trucs austoben. Sicherlich gibt es Leute mit der nötigen
Expertise, um hier die genauen Einflüsse benennen zu können, aber
das kann und soll hier nicht geleistet werden. Denn wahrscheinlich
wird es den meisten Menschen so gehen, dass sie zunächst mit der
Musik etwas überfordert sind.
Dass
die Reise durch die schrille Welt von Les Trucs aber trotzdem äußerst reizvoll ist, kann im Folgenden gezeigt werden.
Das Album erfährt seine Rahmung durch den Spam-Disclaimer:
Das Album erfährt seine Rahmung durch den Spam-Disclaimer:
„She
has nothing to say!
He
has nothing to say!
But
she can speak and he can pretend to sing.
And
that’s quite enough for a cultural spam!“
- She,
he and the cultural spam
„Reiterstandbilder
in Silber und in Chrom gewappnet für jegliche Anforderung.“
- Der
Galvanisator
Es
ist wahrscheinlich schon klar geworden, aber um es noch mal
deutlicher zu sagen: Les Trucs halten sich bei ihrem Streifzug durch
ihre silbrig glitzernde Welt an keine Regeln. Sie singen auch nicht
nur in einer Sprache sondern in allen, in denen sie möchten. Und das
auch durcheinander, wenn sie möchten. Machine à coudre
wird eigentlich auf französisch gesungen, bricht dann aber im
Refrain immer wieder ins Englische um. Der Gesang erinnert dabei
stark an Bands wie Talking to Turtles
oder The Act of Estimating as Worthless.
Der Sound bleibt dabei aber höchst elektronisch und weckt
Assoziationen irgendwo zwischen der letzten Runde Mario
Land und einem LSD-Trip (oder an
Nero's Day at Disneyland,
falls das Jemandem was sagt).
Dieses
Gefühl hat man zwar auf Tracks wie Kontemplation heute
oder Analyse und Zerstreuung,
aber dafür darf hier das Textverständnis kurz Pause machen.
Denn
insgesamt werden einem Les Trucs schon heftige Brocken vor die Füße.
Von Skipping the rope,
bei dem aus dem Bruch von erwachsenem, postmodernem Verständnis zu
kindlicher Leichtsinnigkeit und Freude eine Philosophie wird, bis
hin zum Lied der Wohnmobile,
das irgendwie zwischen Begeisterung und Ablehnung des klassischen
Familienmodells schwankt, kann man sich aber nie ganz sicher sein,
was Les Trucs dem geneigten Hörer sagen wollen. Eine Lawine aus
Ideen, Klängen und Einflüssen bricht da über einem zusammen.
Unterhaltsam ist dies zwar allemal, aber ob man alles verstehen kann
(und will) ist kaum zu glauben.
Am
Ende verabschieden sich Les Trucs wieder aus ihrer Spam-Pause und es
verbleibt nur das Sonar in der Stille, das die bunte Unterbrechung
der grauen Ordnung ortet und davor warnt. Aber verlockt nicht immer
gerade die Gefahr? (Sören Reimer)
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