Mittwoch, 17. Oktober 2012

Mono - For My Parents


(Temporary Residence, 2012)



Man könnte es glatt wagen zu behaupten, dass Instrumental-Musik dieser Art die internationalste aller Musiken ist. Keine sprachliche Barriere hindert am Verstehen, Schwelgen und Genießen. Die Titel der Alben und Songs dürfen lediglich als Denkanstöße betrachtet oder gänzlich ignoriert (Stichwort: Mogwai) werden. Genau so ist es auch bei der japanische Band Mono. Seit Jahren gehören sie zur Speerspitze der cinematischen Ambient-Musik. Ihr malerischer, opulenter Post-Rock spricht die verschiedensten Geschmäcker an und erzählt epische Geschichten – ganz ohne Worte.
Auch das neue Album "For My Parents" schafft es mit Leichtigkeit den Hörer in fremde Welten zu entführen, wenn man sich nur darauf einlassen mag. Wo bei anderen Bands in dem Bereich Effekt-Spielereien oder melancholische Monotonie (Haha! Letzteres ist in diesem Kontext übrigens überhaupt nicht negativ zu verstehen, sondern ein besonderes Qualitätsmerkmal dieser Musik) überwiegen, malen Mono mit ihren Arrangements bunte Bilder in die Fantasie der HörerInnen. Harmonisch fügen sich Rockband und Orchester ineinander und schaffen eine Klangfülle, wie sie häufig angestrebt, aber eigentlich nie so perfekt erreicht und genutzt wurde. Dem ein oder anderen mag das vielleicht ein wenig zu zuckersüß in den Ohren zerfließen, wenn die Gitarren geigenartig Melodien in die Luft zaubern, die an japanische Filmmusik (Oh? Doch ein Nationalkolorit? Aber irgendwo müssen die Einflüsse - im postmodernen Sinne - ja her kommen und mal im Ernst: Wer seine Musik nach "Nationalität" untersucht, sollte sich mal selbst untersuchen lassen!) erinnern; doch auf der anderen Seite ist gerade das ein Grund für die starke Eingängigkeit des Albums.
Das erste Stück auf dem Album heißt "Legend" und wurde mit einem Video voller Zeitrafferszenen aus Island verbunden. Diese einfache Idee passt zu dem Lied wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge und zeigt, welch einfache Bilder durch die Musik mit völlig neuem Charakter aufgeladen werden.
Das Stück beginnt mit leisen Streichern, über denen zwei cleane E-Gitarren sanft in das Stück einleiten. Eine tremolierende E-Gitarre setzt sich dann auf einmal leicht rechts davor in den Klangkosmos und wird dabei wunderbar von dem vollen Streichersatz samt Percussion gestützt. Auf der linken Seite lässt sich bald eine zweite E-Gitarre vernehmen, die in das Thema mit einfällt. Dann werden die beiden von den Streichern übertönt, die das erste Thema wieder aufgreifen und ausarbeiten. Danach steigen die beiden leicht verzerrten Gitarren wieder mit ein und heben das Stück in neue, epische Dimensionen. Steigt man an dieser Stelle (nach drei von zwölf Minuten also schon) aus, mag man sich fragen: Sonatenhauptsatzform? Irgendwie doch alles Klassik? Wo steckt da das Neue? Vielleicht. Viel interessanter ist doch aber die Feststellung, dass Mono es mit diesem Album mal wieder schaffen, die Hörer in völlig andere Welten zu heben, vielleicht gerade weil sie sich keiner von Menschen gemachten Sprache bedienen. (Sören Reimer)

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