Mittwoch, 24. Oktober 2012

Muse - The 2nd Law

(Warner, 2012)


 

Die Entwicklung einer Band ist ein sehr interessantes Sujet: In den Augen vieler Fans macht die Band alles richtig, wenn sie sich in einem kleinen Feld zwischen dem bestehenden Stil der Band und Innovation bewegt. Um den Herren Kritiker auf der anderen Seite allerdings überzeugen zu können muss die Band entweder mit größeren Innovationen auffahren beziehungsweise sich besonders intelligent in ihrem Referenz-Kosmos (mal wieder Postmoderne) bewegen. Die Schnittmenge an Bands, die es also schaffen Kritiker und Fans gleichermaßen über eine lange Zeit zu begeistern ist dementsprechend gering.

Muse aus London sind da so eine Band, die es schafft sich auf jedem Album konsequent weiterzuentwickeln, keine Frage. Lange Zeit haben sie sich dabei auch genau in jenem kleinen Feld bewegt, dass sie für die Fans interessant hielt, jedoch hat bereits das letzte Album nicht viele positive Kritiken hervorgerufen; damals experimentierten sie mit Einflüssen aus dem Bereich der Black Music ("Undisclosed Desires") auf der einen Seite und Orchestralen-Konzept-Werken ("Exogenesis Symphony Pt. 1-3")auf der Anderen. Auf dem aktuellen Album "The 2nd Law" (in Anlehnung an die Grundgesetze der Thermodynamik) experimentieren Muse nun weiter mit eben diesen Einflüssen. Außerdem schwebt die Aura einer anderer großen britischen Gruppe über dem Album: Queen, eine ebenso wandlungsreiche Band, die immer am Puls der Zeit spielte, haben Matthew Bellamy, den (Haupt-)Songwriter, Gitarristen, Keyboarder und Sänger von Muse, bei diesem Album deutlich hörbar beeinflusst. Außerdem wurden die musikalischen Exkurse in die Gebiete Elektronische Musik und (vor allem) Dubstep ausgeweitet. Zu alledem kommt noch hinzu, dass zum ersten mal der Bassist der Band – Chris Wolstenholme – als Songwriter und Lead-Sänger in Erscheinung tritt. Im Interview mit der Visions sagten die Musiker dazu, dass sie noch nie so viel Spaß an der Produktion eines Albums gehabt hätten. Leider verschließt sich dieser Spaß dem Hörer zunächst ein wenig. Zu viel scheint gewollt und zu wenig erreicht. Hier ein bisschen "Bohemian Rhapsody" (nichts gegen Queen, vor allem ihr Werk aus den 70ern ist großartig), dort ein bisschen "Wish You Were Here" (mit Symphonieorchester natürlich!) und hinter der nächsten Ecke lauert Skrillex mit dem Hackebeil um alles wieder in Radiogerechte Stückchen zu zerhacken.

Irgendwie stellt sich nach mehrmaligem Hören dann doch ein gutes Gefühl ein und viele Stücke gewinnen mit der Zeit deutlich. Dennoch bleibt insgesamt der Eindruck bestehen, dass Muse sich in einem Findungsprozess befinden und dieses Album eher ein Schnappschuss aus den wirbelnden Geistern des Trios darstellt. Gegenwart, Vergangenheit, Zukunft und Thermodynamik. Klingt komisch und ist es in diesem Fall auch. Aber man kann ja auch nicht nur großartige Alben machen. (Sören Reimer)

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