(Warner, 2012)
Die
Entwicklung einer Band ist ein sehr interessantes Sujet: In den Augen
vieler Fans macht die Band alles richtig, wenn sie sich in einem
kleinen Feld zwischen dem bestehenden Stil der Band und Innovation
bewegt. Um den Herren Kritiker auf der anderen Seite allerdings
überzeugen zu können muss die Band entweder mit größeren
Innovationen auffahren beziehungsweise sich besonders intelligent in
ihrem Referenz-Kosmos (mal wieder Postmoderne) bewegen. Die
Schnittmenge an Bands, die es also schaffen Kritiker und Fans
gleichermaßen über eine lange Zeit zu begeistern ist
dementsprechend gering.
Muse
aus London sind da so eine Band, die es schafft sich auf jedem Album
konsequent weiterzuentwickeln, keine Frage. Lange Zeit haben sie sich
dabei auch genau in jenem kleinen Feld bewegt, dass sie für die Fans
interessant hielt, jedoch hat bereits das letzte Album nicht viele
positive Kritiken hervorgerufen; damals experimentierten sie mit
Einflüssen aus dem Bereich der Black Music ("Undisclosed
Desires") auf der einen Seite und Orchestralen-Konzept-Werken
("Exogenesis Symphony Pt. 1-3")auf der Anderen. Auf dem
aktuellen Album "The 2nd Law" (in Anlehnung an
die Grundgesetze der Thermodynamik) experimentieren Muse nun
weiter mit eben diesen Einflüssen. Außerdem schwebt die Aura einer
anderer großen britischen Gruppe über dem Album: Queen, eine
ebenso wandlungsreiche Band, die immer am Puls der Zeit spielte,
haben Matthew Bellamy, den (Haupt-)Songwriter, Gitarristen,
Keyboarder und Sänger von Muse, bei diesem Album deutlich
hörbar beeinflusst. Außerdem wurden die musikalischen Exkurse in
die Gebiete Elektronische Musik und (vor allem) Dubstep ausgeweitet.
Zu alledem kommt noch hinzu, dass zum ersten mal der Bassist der Band
– Chris Wolstenholme – als Songwriter und Lead-Sänger in
Erscheinung tritt. Im Interview mit der Visions sagten die
Musiker dazu, dass sie noch nie so viel Spaß an der Produktion eines
Albums gehabt hätten. Leider verschließt sich dieser Spaß dem
Hörer zunächst ein wenig. Zu viel scheint gewollt und zu wenig
erreicht. Hier ein bisschen "Bohemian Rhapsody" (nichts
gegen Queen, vor allem ihr Werk aus den 70ern ist großartig),
dort ein bisschen "Wish You Were Here" (mit
Symphonieorchester natürlich!) und hinter der nächsten Ecke lauert
Skrillex mit dem Hackebeil um alles wieder in Radiogerechte
Stückchen zu zerhacken.
Irgendwie
stellt sich nach mehrmaligem Hören dann doch ein gutes Gefühl ein
und viele Stücke gewinnen mit der Zeit deutlich. Dennoch bleibt
insgesamt der Eindruck bestehen, dass Muse sich in einem
Findungsprozess befinden und dieses Album eher ein Schnappschuss aus
den wirbelnden Geistern des Trios darstellt. Gegenwart,
Vergangenheit, Zukunft und Thermodynamik. Klingt komisch und ist es
in diesem Fall auch. Aber man kann ja auch nicht nur großartige
Alben machen. (Sören Reimer)
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