Dienstag, 5. Juni 2012

Rocket Juice & The Moon – Rocket Juice & The Moon

(Honest Jon’s Records, 2012)





Damon Albarn und Honest Jon’s versuchen mal wieder den Ruf der Weltmusik zu retten, wobei diese völlig zu Recht in Verruf geraten ist (man denke nur an die furchtbare Weltmusik-Abteilung in jedem Elektronikmarkt!). Schon der Begriff an sich ist irreführend, meint man bei Weltmusik doch meistens scheinbar afrikanische/asiatische Einflüsse in den Werken von Pop-/Jazzmusikern, welche diesen einen exotischen Touch verleihen sollen. In dieser Hinsicht wäre der Begriff bei Rocket Juice & The Moon schon eher angebracht, waren hier doch immerhin Musiker aus England, Amerika, Australien, Ghana und Mali beteiligt (aufgenommen wurde zudem in London, Paris und New York, gemastered in Berlin).
Bei Rocket Juice & The Moon handelt es sich um eine „Supergruppe“, die im Kern aus Damon Albarn, dem Chili Pepper Flea am Bass und Tony Allen, der als Schlagzeuger in Fela Kutis legendärer Band den Afrobeat entscheidend prägte, besteht. Allen und Albarn hatten ja bereits bei The Good, The Bad & The Queen (auch so eine „Supergruppe“) zusammengearbeitet, Flea lernten die beiden angeblich beim Flug nach Lagos kennen.
Trotz des „Supergruppen“-Etiketts drängen sich beim ersten Hören des Albums eher die größtenteils weit weniger bekannten Gastmusiker in den Vordergrund: Die Sängerinnen Erykah Badu und Fatou Diawara, der Rapper M.anifest oder das Hypnotic Brass Ensemble. Vor allem Damon Albarn hält sich meist im Hintergrund auf, steuert zu vielen Songs nur vereinzelte Synthie- oder Elektrosounds hinzu, einzig das von ihm gesungene „Poison“ trägt deutlich seine Handschrift: Es ist der einzige Song des Albums, der an die Britpop-Zeiten Albarns bei Blur erinnert. Ansonsten bewegt sich das Album irgendwo zwischen Afrobeat, Soul, Funk, Dub und Hip Hop, wobei die Hälfte der Songs Instrumentalstücke sind.
Es handelt sich zwar um sehr repetitive und grooveorientierte Musik, die in gemeinsamen Jam-Sessions entstanden ist, doch wer jetzt mit langen und ausufernden Songs rechnet, der irrt: Gerade die instrumentalen Stücke sind meist nur um die zwei Minuten lang und wirken oft wie Songskizzen. Manche dieser Skizzen hätten dabei ruhig ein wenig länger ausgearbeitet werden können. Trotzdem handelt es sich bei diesen Instrumentalstücken, die in der Regel hauptsächlich aus einem Groove von Schlagzeug und Bass bestehen, um weit mehr als nur Lückenbüßer, auch wenn die Highlights des Albums eher bei den übrigen Stücken zu finden sind.
Zu diesen gehören sicherlich der Gastauftritt von Erykah Badu in „Hey, Shooter“ und die vier Songs, in denen M.anifest aus Ghana rappt. Die rhythmusbetonte Musik erweist sich als ideale Grundlage für seinen Sprechgesang und auch die Einwürfe des Hypnotic Brass Ensemble können sich darüber gut entfalten. Die Sängerinnen und Sänger sorgen zusammen mit dem Brass Ensemble außerdem dafür, dass auch die Melodien bei diesem Projekt nicht zu kurz kommen. Allerdings liegt hier das Problem des Albums: Es scheint seltsam hin und her gerissen zwischen den klassischen Popsongstrukturen in diesen Stücken und der offeneren Form der Instrumentaljams, die eher an Tracks der elektronischen Tanzmusik erinnern. Dies führt dazu, dass man das Album als zweigeteilt wahrnimmt und als Hörer gefordert ist, diese beiden Pole irgendwie unter einen Hut zu bekommen. Was sich allerdings durchaus lohnen kann!
Bleibt am Ende nur zu hoffen, dass Rocket Juice & The Moon nicht bei Saturn in der Abteilung Weltmusik landen. (Daniel Welsch)

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