Das finale Konzert.
Das finale Konzert. Ein
langes Wochenende c/o pop neigt sich immer mehr dem Ende zu. Nach 5
beat-, alkohol- und nikotinlastigen und anstrengenden, aber
nichtsdestotrotz wunderbaren Tagen konnte in der ehrwürdigen Kölner
Philharmonie der Auftritt der schüchternen Österreicherin Anja
Plaschg a.k.a. Soap&Skin bewundert werden.
Ein Konzert oder auch nur
Veranstaltung in der Philharmonie hat immer etwas erhabenes,
hochkulturelles (was bei Soap&Skin nicht so weit
hergeholt ist) und erlauchtes. So herrschte auch hier vor Beginn des
Konzerts einige Minuten königliche Stille im lange nicht
ausverkauften Saal. Durch das unerwartet laute und erwartet
großartige Erklingen Narrows elektronischstem Song
Deathmental wurde die Ruhe jäh und absolut begeisternd
unterbrochen. Eine leise Ahnung machte sich breit, wie erinnernswert
dieser Auftritt werden sollte.
Als jungfräulicher Hörer
dürfte einem diese leicht experimentelle, leidende, gefühlvolle,
wunderbare und tiefgehende Musik der jungen Schweinemästerstochter
erschreckend und abstoßend vorkommen. Das soll sie vermutlich
teilweise auch, ist dafür aber in den anderen Stücken eindeutig zu
herzlich, liebe- und gefühlvoll, um tatsächlich fürchtend zu
wirken.
Wirklich fürchten sollte
man sich eher um Anja Plaschg, die durch ihren Seelenstriptease auf
der Bühne nicht nur einmal erschreckend zerbrechlich wirkt; als ob
sie jeden Augenblick kollabieren könnte. Im krassen Gegensatz
dazu steht ihre alles ausfüllende Stimme (welche Zeitweise durch
eine Backgroundsängerin nochmals verstärkt wurde), welche einen vom
ersten Ton an vollkommen in den Bann zieht. Ein Loslassen gibt es bei
Soap&Skin sowieso nicht. So wünscht sie sich im ersten und
besten Song des kürzlich veröffentlichten Mini-Albums Narrow
als Made in den Sarg ihres verstorbenen Vaters. Die
Songauswahl konzentrierte sich glücklicherweise nicht auf die
neueste Veröffentlichung, sondern setzte sich aus beiden Alben, sowie wenigen Covern zusammen, z.B. ein wunderbares des Kelly Family Songs She's
Crazy.
Als komplett schüchterne
und zurückgezogene Künstlerin trat man sie noch bei ihrem 2009er
Konzert in der Kulturkirche auf. Dies hat sich mittlerweile – wodurch
auch immer – ein wenig aufgelöst. So sah man sie in den Phasen, in
denen nur ihr 6-köpfiges (mit unterstützender Sängerin 7-köpfig)
Ensemble spielte ein wenig im ausdruckstänzischen Sinne sich bewegen, was teilweise schon dirigentische Assoziationen weckte. Ihre immer noch währende, aber vollkommen
sympathische Unsicherheit und Schüchternheit wurde jedoch des
öfteren deutlich, am auffälligsten vor dem letzten Song, als der
auf dem Flügel aufgebaute Laptop zwar abspielte, jedoch keinen Ton
von sich gab. Quittiert wurde das vom guten Publikum mit herzlichem und verzeihendem Applaus.
Irgendwelche Beanstandungen wären zu diesem Zeitpunkt auch nichts
anderes als eine Farce gewesen, zu herausragend war dieser
unvergessliche Abschluss der c/o pop. Auf dem kompletten Heimweg
redeten mein Begleiter und ich gerade einmal 2 Sätze miteinander - losreißen unmöglich nach diesem unglaublichen Schlussakt. So
unvergesslich war es, dass nach dem Konzert der Gedanke kam, dass
dieses Konzert nichts mehr toppen könne und man deswegen auch eigentlich nie
wieder eins besuchen müsse. Das finale Konzert. (Marius Wurth)
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